Ab wann sollten wir wählen dürfen? Diese Frage beschäftigt Menschen in jedem demokratischen System. Schon vor ungefähr 50 Jahren gab es eine Änderung des Wahlalters, es wurde von 21 auf 18 Jahre abgesenkt. Jetzt ist wieder eine Reform im Gespräch. Bereits im letzten Jahr haben die Parteien FDP und Grüne Anträge gestellt, um das Wahlrecht auf Bundesebene auf 16 herabzusetzen. Diese wurden aber durch die restlichen Fraktionen abgelehnt. Auch im Grundsatzprogramm der Landesschüler*innenvertretung der Gymnasien Schleswig-Holsteins wird ein Wahlrecht ab dem 16. Lebensjahr gefordert.
Was spricht für eine Absenkung des Wahlalters?
Befürworter des Wahlrechts ab 16 sind der Ansicht, dass ein frühes Mitbestimmungsrecht wichtig ist, da es das Verantwortungsbewusstsein fördert. Ein ausgeprägtes Interesse an Politik ist unbestreitbar vorhanden. Neben der Klimaschutzbewegung Fridays For Future, die sehr stark im gesellschaftlichen Diskurs vertreten ist, engagieren sich junge Menschen auch in anderen politischen Organisationen wie Black Lives Matter, Amnesty International oder in christlichen Vereinen.
Durch die hohe Medienkompetenz der jüngeren Generationen können sie auf vielfältige Quellen zurückgreifen und über die Social-Media-Kanäle einen direkten Draht zu den Politikerinnen und Politikern knüpfen.
Befürworter gehen grundsätzlich davon aus, dass auch 16 und 17-jährige mündig genug sind, eine Wahlentscheidung zu treffen.
Und was spricht gegen eine Absenkung?
Viele Menschen sind der Ansicht, dass Jugendliche nicht reif genug sind, eine so wichtige Entscheidung wie die der Zusammensetzung des Bundestages mitzubestimmen. Ein Grund ist, dass junge Menschen häufig soziale Netzwerke, wie Instagram oder YouTube nutzen, in denen leicht Falschmeldungen verbreitet werden können.
Außerdem spräche gegen ein Wahlrecht ab 16, dass das Wahlrecht unmittelbar an die Volljährigkeit geknüpft sei.
Wie stehen die einzelnen Parteien zur Absenkung des Wahlalters?
SPD, Grüne und FDP haben ihren Wahlprogrammen ein Wahlrecht ab 16 auf Bundesebene gefordert. Die LINKE fordert sogar ein Wahlrecht ab 14. Die CDU/CSU und die AFD stehen einer Senkung des Wahlalters allerdings kritisch gegenüber. In ihrem Koalitionsvertrag nehmen sich die Ampelparteien vor die Absenkung des Wahlalters auf Bundesebene und für Europawahlen zu beschließen.
Also kommt jetzt mit der Ampel-Koalition das Wahlrecht ab 16?
Vermutlich erst einmal, zumindest auf Bundesebene, nicht. Das Wahlrecht ab 18 ist im Grundgesetz verankert. Um dieses zu ändern, bräuchte es eine 2/3-Mehrheit. Trotz der wahrscheinlichen Unterstützung dieses Vorhabens durch DIE LINKE würde diese nicht erreicht werden. Die AFD lehnt nämlich eine Absenkung des Wahlalters ab. Auch die CDU/CSU steht ihr kritisch gegenüber. Thorsten Frei, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union, sagte kurz nach der Bundestagswahl, er halte eine zweidrittel Mehrheit für nicht realistisch. Da die CDU jetzt erstmals in der Opposition ist, ist die weitere Entwicklung der Partei aber insgesamt interessant zu beobachten und ein Positionswechsel nicht unmöglich.
Auf europäischer Ebene ist eine Herabsenkung des Wahlrechts auf 16 aber deutlich einfacher möglich, weil eine einfache Mehrheit ausreicht, um dies zu beschließen.
Welche Möglichkeiten haben Minderjährige im Moment, ihre Interessen zu vertreten?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten für junge Menschen, sich in unserer Gesellschaft zu engagieren. An unserer Schule kann man in der Schülervertretung mitwirken. Aus der Schülervertretung werden zum Beispiel Delegierte ins Landes- und Kreisschülerparlament entsandt.
In Glinde gibt es einen Kinder- und Jugendbeirat, der unter anderem in den verschiedenen Ausschüssen der Stadt sitzt und dort Rederecht hat.
Die meisten Parteien erlauben auch schon minderjährige Mitglieder. Die Altersgrenzen sind allerdings unterschiedlich, deshalb sollte man sich bei Interesse individuell informieren.
Meine Meinung zu einem Wahlrecht ab 16
Ich persönlich würde eine Absenkung des Wahlrechts auf 16 Jahre befürworten. In meinem Alltag erlebe ich, dass auch minderjährige Jugendliche ab 16 in der Lage sind, sich eine fundierte politische Meinung zu bilden.
Außerdem finde ich es sinnvoll, dass auch diejenigen über die Zukunft des Landes mitentscheiden dürfen, die nachher die Folgen tragen. Daher fände ich es richtig das Wahlrecht an ein möglich geringes Alter zu knüpfen. Dieses Alter muss aber natürlich trotzdem so gewählt sein, dass die Erstwählenden in der Lage sind, sich eine fundierte politische Meinung zu bilden.
Ich persönlich bin im Moment 17 Jahre alt und war zum Zeitpunkt der Bundestagswahl entsprechend noch nicht wahlberechtigt. Ich habe es als sehr frustrierend erlebt, weil ich mich selbst in der Lage sehe, eine Wahlentscheidung zu treffen. Die Zukunft betrifft mich, wahrscheinlich sogar mehr als ältere Menschen.
Natürlich weiß ich, dass 16- und 17-jährige nur einen geringen Prozentsatz der Bevölkerung ausmachen und es daher die Wahlergebnisse nicht besonders stark beeinflussen würde. Es hat aber eine große Signalwirkung, auch diese Bevölkerungsgruppe mit einzubeziehen. Häufig fühlen sich Jugendliche nicht mit ihren Problemen und Ideen ernst genommen (beispielsweise in Bezug auf das System Schule), durch ein Wahlrecht hätten sie aber die Möglichkeit sich in gleichem Maße einzubringen, alle anderen Bürgerinnen und Bürger.
Wen dieses Thema noch weiter interessiert, kann sich auf der Website der Bundeszentrale für politische Bildung informieren sowie in dieser Broschüre.
Samira Voß, 17 Jahre, QIb