Welcher Beruf ist für mich der richtige? Diese Frage stellen sich wohl mindestens die Hälfte der rund 11,4 Millionen Schüler in Deutschland, weshalb eine frühe Berufsorientierung sehr wichtig ist. Unsere Einführungsphase hat nun erstmals dieses Fach im Unterricht und beschäftigt sich mit verschiedenen Inhalten. Vorbereitend für unsere Zukunft wird unser Berufsberater interviewt.
Stellen Sich bitte einmal kurz vor.
Hi, ich bin Herr Wilm und ich bin der Berufsberater für euch hier an der Schule, der Sönke-Nissen-Gemeinschaftsschule und am Gymnasium Glinde und ich betreue auch noch die Sachsenwaldschule Gymnasium Reinbek.
Wie sind Sie eigentlich Berufsberater geworden?
Die Zielsetzung dazu hat sich vor vier Jahren entwickelt. Nach meinem Studium in Verlagswirtschaft und der Arbeit in einem Verlag, wo ich Bücher und Zeitschriften produzierte, fühlte es sich für mich nicht richtig an. Nach meinem Bachelor ging ich nach Australien für Work and Travel. Zurück in Deutschland machte ich meinen Master in Medienwissenschaften mit dem Schwerpunkt auf Druckerzeugnissen und Internet. Dabei entwickelte ich meine neue Profession, indem ich mich auf freiwillige Dienstleistungen und Auslandsreisen konzentrierte und viel mit Jugendlichen arbeitete. Zudem engagierte ich mich in der Stipendienberatung.
Ich wusste, dass ich mit Menschen arbeiten wollte, und entschloss mich, in den öffentlichen Dienst zu gehen. So wurde ich Arbeitsvermittler beim Jobcenter, durchlief die Berufsberaterlaufbahn in der Bundesagentur für Arbeit und arbeite nun als Berufsberater.
Warum ist Berufsberatung so wichtig?
Berufsberatung ist so wichtig, damit ihr nicht die gleichen Fehler macht wie ich. Ich habe mich zum Beispiel aufgrund der Erwartungen meiner Eltern entschieden, aufs berufliche Gymnasium zu gehen.
Ich glaube der Faktor Erwartungshaltung der Eltern ist total wichtig. Aber es geht eben um Faktoren. Es geht darum, eine Entscheidung bewusst zu fällen und das tut man in der Regel, indem man Faktoren gegenüberstellt und versteht, warum man dazu kommt. Ich glaube aber Orientierung ist wichtig, damit man sich bewusst für etwas entscheiden kann und damit man nicht Frustrationserscheinungen bekommt oder -erlebnisse, wenn die Erwartungshaltung nicht stimmt.
Berufsberatung bietet einen Überblick, um bewusste Entscheidungen zu treffen und die Möglichkeit, tiefgehend Fragestellungen für sich selbst zu entwickeln, um zu Entscheidungen zu gelangen. Es geht darum, Fragen zu stellen und zu erkennen, wer man selber ist, was Motivatoren von einem selber sind, was Stärken sind und daraus eine Entscheidung zu treffen, die bewusst gefällt ist.
Welche Wege gibt es, sich zu informieren und den passenden Beruf zu finden?
Naja, der beste Weg, sich zu informieren, ist selbstverständlich, am Dienstag oder Donnerstags ins BO-Büro zu kommen und bei mir eine Beratung zu machen, weil ich kann euch da natürlich alles zeigen. Deswegen will ich da auch gar nicht so viel vorwegnehmen, schließlich solltet ihr euch auch bei mir informieren kommen. Welche Wege gibt es Berufe, zu finden und wie findet man den richtigen Job? Indem man sich beschäftigt, indem man sich reflektiert, indem man seine Ideen verfolgt und vielleicht, indem man mal zur Berufsberatung kommt.
Inwiefern eröffnet das Abitur mehr Wege in Richtung Ausbildung und Studium?
Das Abitur ist der höchste Schulabschluss in Deutschland. Das heißt, es ist einfach wirklich so, und das darf man auch so sagen, mit dem Abitur habt ihr die meisten Türen, an die ihr klopfen oder die ihr öffnen könnt. Ein Abitur eröffnet den Weg an eine Hochschule für angewandte Wissenschaften, an eine Fachhochschule, an eine Universität. Mit einem Abitur kann man selbstverständlich ins Ausland gehen. Mit einem Abitur kann man natürlich ganz klassisch die Ausbildung machen, man kann aber auch dual studieren.
Das Abitur ist einfach der Generalist und der beste Schulabschluss, den ihr erreichen könnt. Entsprechend gibt es da natürlich auch die meisten Optionen und das kann man auch genau so sagen.
Welche Branchen und Berufe sind derzeit besonders gefragt?
Meine letzten 15 Beratungsgespräche drehten sich um das Thema Fachinformatiker, Systemintegration oder Anwendungsentwicklung und Kfz-Mechatroniker. Die letzten Gespräche, insbesondere mit den weiblichen Kundinnen und Kunden, waren im Bereich Mediengestaltung, Bild und Ton und was mit Kreativität.
Welche Rolle spielt KI heutzutage bei Bewerbungen und im Berufsleben und wie wird es sich weiterentwickeln?
KI ist im Moment sehr praktisch für Anschreiben. Man sollte ihr nicht blind folgen, aber für die Formalia und als Impuls fürs eigene Schreiben ist sie definitiv hilfreich, wenn man weiß, wie man sie benutzt. Kompetenz bleibt dabei wichtig.
Ich hoffe, dass KI den Bewerbungsprozess so verändert, dass Face-to-Face wieder wichtiger wird, Anschreiben an Bedeutung verlieren und mehr auf persönlichen Kontakt gesetzt wird. Vielleicht werden dann auch mehr Menschen eingeladen, um sich vorzustellen – denn ob jemand passt, sieht man nur im persönlichen Gespräch, nicht im Lebenslauf und sicher nicht im Anschreiben.
Wie vereinbart man einen Termin mit Ihnen?
Ihr könnt über das Büro von Frau Schneller Termine buchen. Sie führt Listen, in die ihr euch eintragt. Ich schaue sie mir an und lade euch ein. Da ich aktuell viel in Beratung bin, klappt es manchmal nicht sofort. Wenn ihr auf der Liste steht, bekomme ich sie und versuche, euch so schnell wie möglich einzusammeln – gegebenenfalls komme ich auch zu eurem Sekretariat, frage nach euch und klopfe an.
Dienstags und donnerstags bin ich von 7:50 Uhr bis ca. 12:30/13:00 Uhr hier. Die Tür ist offen, ihr könnt jederzeit vorbeikommen. Für komplexere Gespräche könnt ihr auch über die Dienststelle einen Termin machen, gerne mit Eltern, online oder vor Ort.
Ich bin flexibel – kommt einfach auf mich zu. Klassisch sind Dienstag und Donnerstag für euch in der Schule reserviert.
Interview von Samia Liencke