Corona-Krise als Chance – wirklich?

Zu dem Zeitpunkt als ich den Artikel „Ausnahmezustand Corona – die Krise als Chance?“ geschrieben habe, war uns nicht bewusst, was noch alles auf uns zukommen würde. Nun sitzen wir wieder im Präsenzunterricht, fast so, als wäre nichts gewesen. Doch was können wir aus dieser Erfahrung mitnehmen? Wie fühlt es sich für die Schüler*innen an, nach fünf Monaten wieder in die Schule zu gehen? Hat sich überhaupt etwas verändert?

Mitte August hat die Schule nach einer langen Pause wieder begonnen. Für die einen hieß es das Ende der „Corona-Ferien“, für die anderen begann endlich wieder ein strukturierter und halbwegs normaler Alltag. Halbwegs, weil selbstverständlich auch in der Schule Schutzmaßnahmen gelten. Es müssen Masken getragen werden, der Pausenhof ist eingeteilt und überall sind Desinfektionsspender verteilt. Inzwischen kennen wir das gar nicht anders aus unserem Alltag. Haben wir uns schon so sehr daran gewöhnt? Oder finden wir uns damit ab, weil wir die Schule als Ort der Begegnung und des Lernens schätzen und uns lieber darauf konzentrieren, unsere Ziele zu verfolgen?

 

Bloß zurück zum Präsenzunterricht

Der Schulstart war zuerst ungewöhnlich und im ersten Moment überfordernd. Doch „der Mensch ist ein Gewohnheitstier“ und man kommt schnell trotz allem in seinen alten Rhythmus rein. Viele sind froh darüber, dass wir wieder die Möglichkeit bekommen, in der Schule regulären Unterricht zu haben. Es ist einfach besser, wenn der Lehrer/die Lehrerin vor einem stehen und man Menschen um sich herum hat, die das gleiche Ziel verfolgen wie man selbst. Außerdem ist die Schule ein Ort der Begegnung, an dem man seine Freunde sieht und neue Kontakte knüpft. Aus sozialer Sicht ist die Schule eine der wichtigsten Orte für die Entwicklung des Kindes und der sollte auf keinen Fall fehlen. Darüber hinaus schafft sie uns einen geregelten Alltag und richtet unseren Blick in die Zukunft. Das Abitur ist für die meisten das Ziel und dafür arbeiten wir.

Das Leben geht weiter, auch wenn es nicht immer einfach ist. Vor allem, weil die Schüler*innen so viel verpasst haben, muss jetzt umso fleißiger gelernt werden. Das klingt alles ziemlich stressig, und das ist es auch!

Die lange Pause im Frühjahr konnte uns lehren, einen Gang runter zu schalten, dem hektischen Leben zu entfliehen und uns mehr auf uns selbst zu fokussieren. In dem Artikel, an den dieser angelehnt ist, habe ich darüber gesprochen, wie wichtig es ist, auf seinen Körper zu hören und ihm mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

Die Schulschließung war auch eine Chance zum Entschleunigen.

Die meisten haben sich aber nun wieder in die Arbeit gestürzt, wie sie es vor der Pandemie auch schon getan haben. Die Zeit dazwischen hatte weder einen positiven noch negativen Einfluss, alles wie gehabt. Doch manche konnten ihre in der Auszeit dazu gewonnenen Gewohnheiten in ihren jetzigen Alltag integrieren. Zum Beispiel regelmäßigen Sport, Lesen oder Meditieren. Ich für meinen Teil habe gelernt, auf meine Bedürfnisse zu hören und ihnen mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Es ist nachgewiesen, wie ungesund Stress für unseren Körper und Geist ist. Deshalb hoffe ich, dass jeder etwas Gutes aus der Lockdown-Zeit mit in seinen neuen Alltag genommen hat, auch wenn es nur eine Kleinigkeit ist.

Neue Kommunikationswege

Durch die Schulschließung waren wir gezwungen, auf andere Kommunikationswege zurückzugreifen. Die Digitalisierung ist relativ weit fortgeschritten in unserem Leben, doch war diese Situation trotzdem erst mal eine Herausforderung. Wir haben ein neues Programm, das Open-Source-Webkonferenzsystem BigBlueButton dazu bekommen, aber auch schon zuvor genutzte Programme wie SchulCommsy in Anspruch genommen. Die plötzliche Umstellung hat von uns allen, Schüler*innen, Eltern sowie Lehrer*innen, viel abverlangt. Vor allem für die, die vorher nichts mit Technik zu tun hatten. Es haben sich Probleme herausgestellt, aber auch Türen geöffnet. Wichtig ist, was wir daraus gelernt haben und für die Zukunft mitnehmen.

Im zukünftigen Berufsleben werden die meisten sowieso an Computern arbeiten müssen.

Homeschooling war für jeden erst einmal eine neue Erfahrung. Für die einen positiv und für andere negativ. Nicht jeder hat zu Hause die technische Ausstattung, die der Online-Unterricht erfordert. Außerdem ist das Arbeitsumfeld nicht immer so, wie ein Schüler es zum Lernen braucht. Es verlangt viel Selbstorganisation und Disziplin von den Schülern ab. Vor allem von den jüngeren Jahrgängen kann man das noch nicht erwarten. Es ist eine andere Situation, mit seinen Mitschülern in einem Klassenzimmer und mit einem präsenten Lehrer zu sitzen, als allein vor seinem Bildschirm. Des Weiteren haben sich Probleme mit den Programmen gezeigt. Es war vorhersehbar, dass nicht alles perfekt laufen kann und wir daran arbeiten müssen. Wenn es nicht zu dieser Situation gekommen wäre, wären wir wahrscheinlich erst viel später auf diese Probleme aufmerksam geworden.

Ja, wir brauchen Präsenzunterricht und die Möglichkeit sollte es auch weiterhin geben, es ist jedoch wichtig, dass wir noch andere Möglichkeiten haben, auf die wir zurückgreifen können. Die Kommunikation über eher digitale Lernportale ist schnell und unkompliziert, wenn man sich damit beschäftigt hat, und das haben wir in letzter Zeit. Es ist nun einfacher für Lehrer, Dokumente digital weiterzureichen oder Aufgaben zu stellen. Fragen können von zu Hause aus gestellt und von den Lehrkräften beantwortet, Aufgaben digital bearbeitet, hochgeladen und bewertet werden, was das lästige Einsammeln von Hausaufgaben erleichtert. Hinzuzufügen ist, dass so viel Papier gespart werden kann. Es ist einfach umweltfreundlicher. Schon vor der Krise haben einige Schüler*innen gern mit ihren Tablets oder Laptops gearbeitet. Heutzutage werden oft Aufgaben gestellt, die Recherche im Internet erfordern und wenn man sowieso schon dabei ist, kann man es direkt in Word oder in andere Programme abtippen. Im zukünftigen Berufsleben werden die meisten sowieso an Rechnern arbeiten müssen. Es ist eine super Vorbereitung für das Uni- und später auch Berufsleben, schon in der Schule damit anzufangen. Schüler berichten, „sie haben für sich neu zu arbeiten gelernt“, was sie als eine sehr positive Entwicklung wahrnehmen. Die gewonnenen Erfahrungen und Fähigkeiten kann man sehr gut für‘s Leben gebrauchen.

Wir haben alle etwas durch die Krise dazugelernt.

Man merkt also, wie uns der Ausnahmezustand auch vorangebracht hat. Ich habe das Gefühl, die Möglichkeiten, die uns die Digitalisierung bieten, werden viel mehr wahrgenommen. Abgesehen davon merkt man, wie vor allem junge Lehrer*innen neue Programme wie „Kahoot“ in den Unterricht etablieren. Mindmaps, Präsentationen oder Tabellen werden online erstellt, sodass jeder jederzeit Zugriff darauf hat. Zudem hat uns die Krisensituation auch eine Lektion erteilt, was Durchhaltevermögen oder Zuversicht bewahren, geduldig sein etc. betrifft.

Insgesamt kann man von Glück im Unglück sprechen, denn die Ausnahmesituation hat die Schule jetzt schon moderner gemacht. Es muss noch an vielen Aspekten gearbeitet werden, doch wir können uns jetzt sicher sein, dass es funktionieren kann.

Nach dem langen Lockdown im Frühjahr sind wir nun wieder zu unserem Alltag zurückgekehrt sind. Möglicherweise mit neuen Hobbys, Gewohnheiten oder auch neuer Motivation. Auch die Schule ist im Großen und Ganzen wie wir sie kennen geblieben, jedoch haben sich neue Möglichkeiten für die Zukunft eröffnet.

Artikel von Janette Tyborski