Algorithmen, Apps und Co. – ein Gespräch mit Prof. Iske über die Gefahren des Internets

WhatsApp, Snapchat, Google und Co., alle diese Apps sind mittlerweile für viele fester Bestandteil unseres täglichen Lebens. Doch welche Gefahren lauern hinter diesen Apps? Was müssen wir bei der Nutzung von Social Media beachten? Und was passiert eigentlich mit meinen Daten? Fragen, die sich die meisten von uns stellen und die wohl immer häufiger aufkommen. Und genau diese habe auch ich mir gestellt und dazu Prof. Dr. Armin Iske von der Universität Hamburg, Fachbereich Mathematik, befragt.

Prof. Dr. Armin Iske leitet das Lothar-Collatz-Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen in Hamburg und widmet sich in seiner Forschung hauptsächlich der Entwicklung und Bewertung von Algorithmen zur mathematischen Datenanalyse.

Was genau versteht man unter einem Algorithmus?

Prof. Iske: Ein Algorithmus ist eine Sequenz von Arbeitsanweisungen, die in einer bestimmten Reihenfolge abgearbeitet werden. Dazu benötigt man übrigens keinen Computer. Beispielsweise ist ein Backrezept ein Algorithmus, mit dem ihr in aufeinanderfolgenden Arbeitsschritten etwa einen Kuchen backen könnt. Die Eingaben für das Backrezept sind die Zutaten (Zucker, Mehl etc.) und der leckere Kuchen ist die Ausgabe des Algorithmus.

In digitalen Anwendungen, die unser tägliches Leben betreffen, werden Algorithmen zur Steuerung von elektronischen Rechenmaschinen eingesetzt. Beispielsweise verarbeiten Navigationssysteme bestimmte Rechenschritte, die durch einen Algorithmus beschrieben sind, um die kürzeste Verbindung zweier Standorte (das sind die Eingabe- und Ausgabedaten) zu berechnen.

Ein weiteres Beispiel sind Klima- und Wettermodelle, mit denen physikalische Prozesse in der Atmosphäre simuliert werden, z.B. für Prognosen zur globalen Erderwärmung. Hierbei sind die Eingabedaten sehr groß und die Berechnungen sind sehr kompliziert. Für zuverlässige Klimaprognosen werden passende mathematische Methoden und leistungsfähige Algorithmen benötigt. Hierzu wird bei uns an der Universität Hamburg sehr intensiv geforscht. 

Welche Gefahren verbergen sich hinter Apps wie z.B. Instagram oder Snapchat, Social media etc.?

Prof. Iske: Ich nutze weder Instagram noch Snapchat. Hier seid ihr die Experten. Allerdings möchte ich dazu Folgendes sagen: Bei der Verwendung von o.g. Apps solltet ihr stets daran denken, dass das Internet nichts vergisst: Das Teilen von Bildern mit Freunden und scheinbar vertrauenswürdigen Personen gehört offenkundig zum Leben junger Menschen. Allerdings bietet die rasche Verbreitung von digitalen Informationen gleichermaßen Gefahren und Risiken: Bilder, die Ihr heute lustig findet, könnten Euch später peinlich sein oder sogar bei zukünftigen Bewerbungsgesprächen zu einem Diskussionspunkt werden.

Und noch ein weiterer Punkt: Bei Verwendung der meisten kostenlosen Apps bezahlt ihr mit euren persönlichen Daten, die von den Systemen verwendet werden, um das Verbraucherverhalten zu analysieren und um gezielt Werbung zu platzieren. Eifrige Datenjäger und -sammler lauern fast überall im Internet.

Auf was sollte man bei dem Herunterladen einer App aus dem App Store besonders achten?

Prof. Iske: Jede Installation einer App ist mit Risiken verbunden und somit Vertrauenssache. Ihr solltet daher stets sehr kritisch sein und euch mit Empfehlungen oder Erfahrungsberichten auseinandersetzen, bevor Ihr eine App herunterladet. Weiterhin solltet ihr die Nutzungsbedingungen, denen ihr zustimmen müsst, sorgfältig lesen. Lasst euch hierbei ggf. von euren Eltern beraten.

In Bereichen, in denen Datenschutz und Datensicherheit äußerst wichtig sind, z.B. beim Online-Banking, gibt es Zertifikate von Verbraucherschutzbehörden, mit denen die Vertraulichkeit der verarbeiteten Informationen sowie die Einhaltung der geltenden Datenschutzgesetze bescheinigt werden. Solche Systeme sichern sich wirksam gegen unbefugte Nutzung ab. Ein solches Zertifikat schafft somit Vertrauen, allerdings keine absolute Sicherheit, ein Restrisiko bleibt immer.

Die Robotik AG und Roberta vermitteln am Gymnasium Glinde bereits digitales Grundwissen.

Was sollte ihrer Meinung nach eine Schule an digitalem Grundwissen vermitteln?

Prof. Iske: Am Gymnasium Glinde habt Ihr dank engagierter Lehrkräfte mit Roberta und der Robotik AG bereits ganz tolle Angebote, wie ich finde. In Zukunft sollten noch viel mehr Bildungsangebote für jüngere und ältere Menschen entwickelt werden, um deren Berührungsängste gegenüber der Digitalisierung zu reduzieren. Hier seid ihr jüngeren Menschen klar im Vorteil: Einerseits seid ihr in einer digitalen Welt aufgewachsen, und andererseits lernt man in jungen Jahren schneller dazu.

Zu konkreten Beispielen für digitales Grundwissen, das man an Schulen bereits heute schon sehr anschaulich vermitteln könnte, gehören elementare Grundlagen über Algorithmen und Datenanalyse, prozedurale Programmierung, kognitive Systeme und neuronale Netze sowie die damit verbundenen Methoden des maschinelles Lernens in der künstlichen Intelligenz. In der digitalen Bildung und Erziehung der Zukunft sollten ethische und rechtliche Aspekte jedoch keinesfalls außer Acht gelassen werden. Es muss weiterhin klare Grenzen geben, die im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung nicht überschritten werden dürfen, beispielsweise zur Bewahrung von Persönlichkeitsrechten und der Privatsphäre.

 

Eine Welt ohne Algorithmen und digitalen Einfluss. Ist das noch vorstellbar?

Prof. Iske: Ganz sicher nicht. Unser zukünftiges Leben wird immer mehr durch Algorithmen beeinflusst, beispielsweise beim autonomen Fahren oder in der Sprach- und Texterkennung. Die Digitalisierung prägt unsere Gesellschaft zunehmend, und der fortschreitende Einfluss von Algorithmen lässt sich nicht mehr stoppen. Ein hochaktuelles Beispiel hierzu ist die Möglichkeit des digitalen Schulunterrichts in Krisenzeiten von Pandemien. Die fortschreitende Digitalisierung birgt Chancen und Risiken, mit denen sich unsere Gesellschaft allerdings stets sehr kritisch auseinandersetzen sollte.

Was passiert mit unseren gespeicherten Daten?

Prof. Iske: Darüber entscheidet der Datensammler! Allerdings regelt in der Europäischen Union die seit 2018 gültige Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) den Umgang mit personenbezogenen Daten, womit Privatpersonen bei der Verarbeitung und Speicherung ihrer Daten geschützt werden sollen. Somit macht sich der Datensammler bei Verstoß gegen die DSGVO sogar strafbar. Allerdings ist der Nachweis von Straftaten und die Verfolgung von Straftätern im Internet häufig sehr schwierig. Daher solltet ihr beim Umgang mit euren Daten und denen von anderen Personen stets vorsichtig sein. Also, überlegt euch gut, ob ihr persönliche Daten wirklich preisgeben wollt.

Vielen Dank, für dieses wirklich sehr informative Interview und dass Sie sich Zeit dafür genommen haben!

 

Interview von Emily Janusch

Weitere Informationen finden sie auch in einem Interview von Herr Iske im Hamburger Abendblatt hier.