Kollision der Teilchen – ein Ausflug der QI zu DESY

Elektronen, Positronen, Teilchenbeschleuniger – am 30.10.2019 war ich mit meiner Klasse, der QIb, beim Forschungszentrum DESY. Für das Physikprofil war dieser Besuch besonders interessant, um eine Vorstellung von den Themen “elektrische und magnetische Felder und Ablenkung” zu bekommen. Diese werden im nächsten Halbjahr Thema sein.

Was ist DESY?

Detektor in CERN, Copyright: © CERN

DESY, stehend für Deutsches-Elektronen-Synchrotron, ist ein Forschungszentrum für naturwissenschaftliche Grundlagenforschung mit rund 2100 Mitarbeitern in Hamburg. Die Geschichte begann, als 1960 angefangen wurde, den namensgebenden Ringbeschleuniger DESY auf einem ehemaligen Flugfeld zu bauen. In einem Teilchenbeschleuniger werden kleinste Teilchen, wie z.B. Elektronen oder ihre Antiteilchen, die Positronen, bis auf fast Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. Dafür werden sie durch sehr starke Magnete, die konstant durch Wechselspannung umpolen, immer gleichzeitig von hinten abgestoßen und von vorne angezogen. Die Kollision der Teilchen mit anderen Teilchen kann mit Detektoren erfasst und später ausgewertet werden. Bei Ringbeschleunigern entsteht außerdem die sogenannte Synchrotronstrahlung, die für die Oberflächenforschung genutzt wird. Bis heute wurden die Beschleuniger DESY, DORIS, PETRA, HERA und FLASH und die Vorbeschleuniger LINAC I, LINAC II, LINAC III gebaut. In Betrieb sind jetzt nur noch FLASH, PETRA III, eine auf Synchrotronstrahlung spezialisierte Variante von PETRA, und DESY III, der nun als Vorbeschleuniger genutzt wird, sowie der Vorbeschleuniger LINAC III. Viele der in DESY erzielten Forschungsergebnisse in der Grundlagenforschung sind heutzutage die Basis der Forschung im LHC in CERN, Schweiz, dem aktuell größten und modernsten Teilchenbeschleuniger der Welt. In der Forschung mit Synchrotronstrahlung ist DESY derzeit weltweit führend.

Der Besuch:

Am Morgen des 30. Oktobers trafen wir uns am Haupteingang des DESY-Geländes. Nachdem alle vor Ort angekommen waren, machten wir uns auf den Weg zu einem Vorlesungsraum. Dort bekamen wir nach einer kurzen Wartezeit zusammen mit einer anderen Gruppe eine Einführung in das Thema. Eine junge Doktorandin brachte uns mithilfe einer Power-Point-Präsentation, wie bereits oben beschrieben, die Geschichte von DESY und die Funktionsweise von Teilchenbeschleunigern nahe. Des Weiteren gab sie uns auch Einblicke in das Standardmodell der Elementarteilchen und in die tatsächliche Arbeit am DESY und den damit verbundenen Zeitaufwand. So benötigt man teilweise einen ganzen Tag, um eine Formel auszurechnen.

HERA-Tunnel mit Beschleuniger, Copyright: © DESY 1984

Nach dem Vortrag wurden wir wieder in unsere Ursprungsgruppen aufgespalten und bekamen einen Führer zugeteilt. Dieser war ebenfalls Physikstudent und führte uns zielstrebig über das Gelände zum Hera-B-Experiment. Dafür gingen wir in eine Halle und konnten dort durch einen 30 Meter tiefen Schacht auf Teile der darunterliegenden Experimentierhalle sehen. Dort wurden früher per Lastenkran Bauteile des Beschleunigers heruntergelassen. Danach sind wir mit einem Fahrstuhl, der auch zum Lastentransport genutzt wurde, in die Tiefe gefahren. Alternativ hätte auch noch eine Treppe zur Verfügung gestanden. Wir alle haben eine Karte bekommen, die vor dem Fahrstuhl- bzw. Treppeneingang registriert wurde. Dies ist notwendig, da DESY nach deutschem Recht als Minenbetrieb gilt und kontrollieren muss, dass alle Besucher und Mitarbeiter, die die Anlage betreten, die Anlage auch wieder verlassen.

In der Anlage selbst wurde uns erst einmal die Funktionsweise eines Detektors anhand eines alten Exemplars, bei dem ein Teil Außenwand durch Glas ersetzt worden war, erklärt. Danach sind wir in den Beschleunigertunnel gegangen. Dort konnten wir die beiden Beschleunigerrohre für Elektronen und Protonen und ihre Beschleunigersysteme „live“ sehen. An einem Querschnitt der Rohre konnten wir uns auch die Kühlung für die supraleitenden Magnetspulen ansehen – die mit flüssigem Helium, das -269°C kalt ist – erfolgt war. Im Folgenden sahen wir uns den Detektor des HERA-B-Experimentes an. Hier kollidierten Protonen mit festen Aluminiumdrähten, sodass schwere Quarks entstanden.

Daneben versuchte man auch in einem großen Wassertank Tscherenkow-Strahlung nachzuweisen. Wir alle kennen Tscherenkow-Strahlung durch das blaue Leuchten des Wassers in Atomkraftwerken. Sie entsteht, wenn sich Teilchen schneller als Licht bewegen.Dieses Experiment schlug jedoch fehl, da die Computer in den 90er Jahren die großen Datenmengen noch nicht verarbeiten konnten. Um uns nun auch noch einen in Betrieb befindlichen Beschleuniger anzusehen, verließen wir die Experimentierhalle „West“ und machten uns auf den Weg zu PETRA III. Da dieser Beschleuniger noch in Betrieb ist, um Synchrotronstrahlung zu generieren, konnten wir nicht so nah an ihn heran. Wir standen in einer Experimentierhalle auf einer Brücke, die vom Boden entkoppelt war, um keine Vibrationen zu verursachen und konnten die Krümmung des 2,3 Kilometer langen Beschleunigers sehen. Dieser war mit Betonplatten bedeckt und verlief einmal der Länge nach durch die Halle. Von ihm gingen tangential Räume ab, in denen die Experimente stattfanden. Wir erfuhren, dass hier z.B. die Oberflächen von Viren oder Bakterien beobachtet werden, da diese viel über ihre Funktion aussagen. Unser Führer schilderte sein Lieblingsexperiment, in dem die Oberfläche von Schokolade untersucht worden war. Nach diesem Beschleuniger waren wir am Ende unserer Führung angekommen. Man brachte uns zum Ausgang und verabschiedete sich. Damit war auch für uns die Veranstaltung beendet und wir konnten nach Hause fahren. Dabei nutzten viele noch die Gelegenheit und gingen zusammen etwas essen.

Blick auf die Experimentierhalle, Copyright: © DESY / D. Altrath

Insgesamt war es ein gelungener Ausflug, auch wenn er im Profil durchaus umstritten war. Es wird sich einfach zeigen müssen, inwiefern die Vorstellung und Greifbarkeit von Teilchenbeschleunigern uns in Zukunft im Unterricht helfen wird. Ich persönlich würde diese Führung weiterempfehlen, da ich die Frage, woraus Materie besteht, überaus interessant finde. Man stößt einfach auf viele ungelöste Probleme und an den Rand unserer Vorstellungskraft. Außerdem sind die Teilchenbeschleuniger, die auf 6,3 Kilometer Länge Teilchen auf fast Lichtgeschwindigkeit beschleunigen, super cool und technisch hochinteressant.

Thorben Buschke