Plötzlich „Herr Pries“ – ein junger Musiker als Vertretung

Nachdem unser Musiklehrer, Herr Kindt, in Elternzeit gegangen ist, übernahm Lennart Pries die Vertretung für dieses Halbjahr. Wir stellten dem jungen Musiker einige Fragen über seine Arbeit, seine Laufbahn als Musiker, erste Erfahrungen als Lehrer, seinen persönlichen Musikgeschmack und vieles mehr, um ihn besser kennenzulernen.

Waren Sie bereits vor dieser Vertretungsstelle Lehrer?
An einer allgemeinbildenden Schule bisher noch nicht. Jedoch habe ich davor schon an diversen Schulprojekten mitgewirkt. Zum Beispiel habe ich in der Betreuung gearbeitet und schon einige Jahre Geige unterrichtet.

Wie kamen Sie an diese Schule?

Eine Kommilitonin von mir hatte an dieser Schule ein Praktikum gemacht. Diese hat mir erzählt, dass am Gymnasium Glinde eine Vertretungslehrkraft für Olaf Kindt gesucht wird. Zeitlich hat dies bei mir perfekt reingepasst, weil ich nach diesem halben Jahr noch etwas anderes studieren will, bevor ich dann hoffentlich das Referendariat beginne. Daraufhin habe ich die Kontaktdaten von Olaf Kindt bekommen und dann ging alles Schritt für Schritt los.

Warum haben Sie sich für den Job als Lehrer entschieden?

Das ist eine gute Frage. In der Zeit vor dem Studium war ich noch sehr unsicher, weil ich auch noch überlegt hatte Musik künstlerisch als Hauptberuf zu machen. Ich hatte mich sogar parallel zum Lehramtsstudium in Berlin und anderen Städten, einfach aus Interesse, für Geige künstlerisch beworben. Ich hätte dann auch anfangen können, war dann aber insgesamt von dieser Situation auf dem Arbeitsmarkt nicht überzeugt. In der Orchesterwelt geht es häufig nicht so nett zu weil es zu wenige Arbeitsplätze und zu viel Konkurrenz gibt. Dann habe ich mich hierfür entschieden, weil ich in der Zeit schon gleichzeitig angefangen hatte, Geigenunterricht zu geben und mir das sehr viel Spaß gemacht hat. Im Bachelor habe ich zum Beispiel ein Praktikum gemacht, bei dem es viele Situationen mit Schülern und Schülerinnen gab, die mir sehr gut gefallen haben. Auf der anderen Seite habe ich aber auch einen guten Eindruck bekommen, wie stressig dieser Beruf sein kann, gerade wenn man eine volle Stelle hat. Ich habe noch zwei Praktika im Master gemacht und da hat sich alles schon vertrauter angefühlt. Ich bin auf jeden Fall sicher, dass ich weiter diesen Job verfolgen möchte.
Später möchte ich vielleicht noch Orgel und Kirchenmusik studieren und dann diese beiden Berufe miteinander verbinden.

Was gefällt Ihnen am Meisten an Ihrer Arbeit?

Dass ich Leute dabei begleiten kann, Fortschritte zu machen und gleichzeitig ihre Freude oder Emotionen teilen kann, wenn sie etwas Neues gelernt haben (zum Beispiel, wenn beim Instrumentalspielen neue Lieder funktionieren.)

Herr Pries dirigiert das Bigorchestra – hier ein Ausschnitt des Orchesters.

Welches Instrument spielen Sie selbst und wie lange schon?

Ich spiele Geige seit ich 8 bin. Also spiele ich jetzt seit 17 Jahren.

Was hören Sie privat gerne für Musik?

Tatsächlich sehr gemischt. Also es ist jetzt nicht, wie man es klischeehaft erwarten würde, dass ein Musiklehrer gerne Klassik hört. Ich höre eigentlich nur die Sachen in der Klassik, die ich selber spiele. Ich höre aber auch sehr gerne älteren Hip-Hop, so aus den 80/90‘ern. Aufgrund meiner familiären Abstammung, weil ich einen Bezug zu Russland habe, höre ich auch gerne russische Musik. Ich kann mich aber für viele Sachen begeistern. Man kann da vieles aufzählen und ich würde sagen, dass es sehr ausgewogen ist.

Gefällt Ihnen die Arbeit an unserer Schule?

Ja, bis jetzt sehr gut. Das war für mich ganz was Besonderes, überhaupt jetzt diese Position zu erleben, wie das überhaupt ist, wenn man auf der anderen Seite sitzt und plötzlich mit „Herr Pries“ angesprochen wird. Das war am Anfang schon sehr neu für mich, aber ich habe mich jetzt schnell daran gewöhnt. Ich merke nach wie vor, dass es mir sehr viel Spaß macht, diesen ganzen Prozess zu betrachten, dass man vorankommt und was lernt. Natürlich gibt es auch Situationen, in denen Schüler mal nerven und frech sind, aber ich bin ihnen gar nicht so böse, höchstens bin ich dann selbst genervt, weil es nicht vorangeht. Ich kann das Verhalten der Jugendlichen nachvollziehen, da ich in meiner eigenen Schulzeit selbst nicht unbedingt der bravste Schüler war.

Was finden Sie am Schulsystem gut und was würden Sie gerne ändern?

Ich bin ja noch relativ neu hier drin, aber auf die Schnelle kann ich nicht sagen, was daran besonders gut oder schlecht ist. Ich empfinde allgemein die Benotung der Schülerinnen und Schüler als schwierig, auch wenn ich an meine eigene Schulzeit zurückdenke. Zum Beispiel das Thema mit den mündliche Noten. Die hängen ja immer sehr von der persönlichen Einschätzung der Lehrkraft ab. Die Frage ist, wie man das verbessern könnte, sodass man dort mehr Gerechtigkeit und Zuverlässigkeit schafft. So einen richtig guten Lösungsansatz habe ich da aber auch nicht. So wie es jetzt ist läuft es zwar zufriedenstellend, aber es gibt noch Luft nach oben.

Von Freya Tholen und Jonna Grundmann